Der Schlüssel zum (Vermarktungs)-Erfolg

BDZV-Vermarktungsgipfel 2025 in Berlin

„Wer mit gesenktem Blick auf die Bühne geht, von dem hört man sich nicht gerne Ratschläge an.“ Mit diesen Worten eröffnete Rüdiger Kruppa, Verlagsleiter beim „Trierischen Volksfreund“ und seit über 20 Jahren als Moderator eine feste Größe des BDZV-Vermarktungsgipfels, das zweitägige Branchenevent in Berlin. Trotz der aktuellen Herausforderungen war der Tenor der Konferenz zuversichtlich: Mit neuen Vermarktungsideen gelingen spürbare Umsatzsteigerungen. Und: „Wenn Unternehmen wieder optimistischer in die Zukunft blicken, steigen auch die Investitionen in Werbung.“

BDZV Rüdiger Kruppa führte als Moderator durch das zweitägige Event.

Anton Gunnarsson Molin, Head of Sales and Strategist Digital Media bei der schwedischen VK Media, versprühte gleich zu Beginn Optimismus. Er erzählte, wie er seinen Traum, als Profi-Snowboarder zu arbeiten, verwirklichte und wie dieser Sport seine Kreativität anregte. Den rund 100 Vermarktungsprofis erläuterte er, wie er dank dieser Kreativität für die Mediengruppe ein Tool zu entwickelt habe, das mithilfe von Predictive Analytics Werbeeinnahmen steigert.

Das System mit dem Namen „Article Horn“ identifiziert in Echtzeit virale Artikel und informiert das Team unmittelbar. Dadurch können zielgerichtete Social-Media- und Werbemaßnahmen angestoßen werden – ein Ansatz, der bereits zu spürbaren Umsatzsteigerungen geführt hat.

Die wichtigsten Werbekunden der Zeitungsverlage kommen aus dem Handel. Veränderungen in der Handelsbranche wirken sich somit direkt auf die Werbeinvestitionen in Zeitungen aus. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands (HDE), erklärte, dass das Handelsjahr 2024 von wirtschaftlichen Unsicherheiten, Fachkräftemangel und hohen Energiekosten geprägt war. Verbraucher sparten mehr, gleichwohl werde ein Umsatzwachstum erwartet, vor allem durch Preiserhöhungen.

Ein weiterer Aspekt: Der Online-Handel bleibt ein zentraler Absatzkanal – besonders in den Bereichen Mode und Lebensmittel. Gleichzeitig geraten etablierte Anbieter zunehmend unter Druck durch chinesische Plattformen wie Temu und Shein. Trotz dieser Entwicklungen bleibt der stationäre Handel weiterhin essenziell – vor allem für jüngere Zielgruppen, die Shopping als soziales Erlebnis und Teil ihrer Freizeitgestaltung betrachten.

Dr. Michael Plasse, Geschäftsführer von OM-Medien, sprach über den Strukturwandel in der Medienbranche und die Bedeutung von Kooperationen. Wie seine Vorredner bestätigte er die Notwendigkeit, auch in schwierigen Zeiten gute Laune zu bewahren. Anhand von OM-Medien erläuterte Plasse, wie zwei konkurrierende Verlagshäuser Synergien nutzten und schließlich fusionierten. Das Kerngeschäft konzentriert sich auf Lokaljournalismus, während man Dienstleistungen wie Logistik auslagerte. Events dienen als neue Umsatzquelle, darunter „OM Zukunftsmacherin“ und das „OM Forum Wirtschaft“, finanziert durch Sponsoren und Eintrittsgelder.

Geschicktes Storytelling und das Erreichen junger Zielgruppen

Sara Stiegelmair stellte die Strategie von Russmedia Digital (Schwarzach, Österreich) vor: Storytelling als effektive Marketingform. Hier gilt: Persönliche, emotionale Geschichten erzielen höhere Verweildauer und bessere Klickraten als klassische PR-Artikel. Daher wurden die „Premium Stories“ eingeführt – ein digitales Advertorial-Format, das Menschen in den Vordergrund stellt und auf „VOL. AT“ ausgespielt wird. Unternehmen liefern lediglich Testimonials – und erhalten im Gegenzug fertige Storys. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie kaum Einfluss auf den Inhalt nehmen dürfen und keine nachträglichen Änderungen am Text vornehmen.

Christoph Rüttgers von KStA Digitale Medien (Köln) betonte die Notwendigkeit, flexibel auf Marktentwicklungen zu reagieren. Die Werbestrategie wurde angepasst, indem man Werbeflächen reduzierte, aber gezielt teurer verkaufte. Es werden nur noch horizontale Slots auf den Websites genutzt, die an den meistbietenden Werbekunden verkauft werden. Sein Credo: „Es geht darum, bestmöglich vermarktbare Produkte zu schaffen, nicht die Produkte besser zu vermarkten.“ Transparente Monetarisierung und stärkere regionale Kundenbindung sind entscheidend.

Zum Abschluss des ersten Konferenztags zeigte Moritz Muschik, Leiter Publishing bei der „Deister- und Weserzeitung“ (Dewezet, Hameln), wie eine junge Marke neue Zielgruppen erreichte. Er stellte „HamelnR“ vor, ein 2018 gegründetes Stadtmagazin mit starkem Social-Media-Fokus, das junge Menschen anspricht. Neben Online-Inhalten gibt es einen physischen Store in Hameln sowie Events und Merchandise-Produkte. Social-Media-Marketing mit regionalen Influencern stärkt die Markenbindung und eröffnet neue Werbemöglichkeiten. So entstand eine von der Tageszeitung unabhängige Eigenmarke, deren Erlöse im Verlagsumfeld verbleiben.

Vermarktungsgipfel 2025

Impressionen vom BDZV-Vermarktungsgipfel 2025

Die Zukunft der Medienbranche

Harte Realitäten und mahnende Worte fand „Mr. Media“ Thomas Koch von TK-One in seiner Keynote zu Beginn des zweiten Konferenztags. Er warnte vor dem drohenden Niedergang klassischer Medien durch den Einfluss großer Plattformen. Fehlgeleitete Werbegelder und intransparente digitale Werbung seien ein großes Problem. Verlage müssten Werbetreibenden verdeutlichen, dass ihr Budget auf seriösen, journalistischen Plattformen besser aufgehoben sei. „Wir brauchen eine große Kampagne, die den ‚Schrottplatz digitaler Werbung‘ vorführt“, so Kochs Idee.

Das E-Paper gilt in der Branche als „Brückentechnologie“, die das klassische Print-Produkt in die digitale Ära überführt. Dennis Rößler, Leiter Werbevermarktung sh:z und A. Beig Verlag, zeigte, wie belastbar diese Brücke ist und welches Potenzial sich daraus schöpfen lässt. Er erläuterte mit handfesten Zahlen, wie er die digitale Zeitung strategisch ausbaute, etwa mit personalisierten Inhalten und KI-gestützten Funktionen wie Artikelzusammenfassungen und Vorlesefunktionen. Exklusive Inhalte nur für das E-Paper erhöhen die Wertigkeit des Produkts – entsprechende Preisanpassungen sind sukzessive möglich. Auch Werbeerlöse steigen durch klickbare Anzeigen im E-Paper.

Wie KI den Verkaufsprozess in der Werbevermarktung automatisieren kann, erläuterte Christian Scherbel, Geschäftsführer von Smartico. Mit Künstlicher Intelligenz und gezielter Datenauswertung entstehen personalisierte Angebote für Werbekunden. Die Idee: Eine KI scannt die Aktivitäten der Werbetreibenden (ein anstehendes Event, ein Social-Media-Post, Rabattaktionen oder neue Öffnungszeiten) und schafft damit Kontaktanlässe für die Mediaberater. Frei nach dem Motto: „Wir werden immer aktiv, wenn sich beim Kunden etwas tut, und sind die Ersten, die es wissen.“

Um das Thema KI ging es auch im Vortrag von Johannes Sommer, CEO von Retresco.. Er betonte, dass KI neue Möglichkeiten eröffnet, jedoch nicht allein den Wandel der Branche herbeiführen wird. Die Dominanz US-amerikanischer KI-Modelle stellt eine wachsende Abhängigkeit dar, ähnlich wie im digitalen Werbemarkt bei Google. Es müsse darauf geachtet werden, dass KI nicht die Reichweite von Medienangeboten bedroht. Denn schon jetzt gibt es bei KI-Suchen die Möglichkeit, Antworten auf eingegebene Fragen zu erhalten, ohne auf die Websites zu klicken, die diese Info liefern. Er zeigte jedoch auch, dass KI große Chancen in der Vermarktung bietet. Künstliche Intelligenz kann helfen, Userdaten auszuwerten und besser zu monetarisieren. Zudem lassen sich Content und Werbung einfacher personalisieren.

Mit Optimismus und Mut in die Medienlandschaft von morgen

Zum Abschluss gaben Torsten Landmesser, Mitglied der Geschäftsleitung Funke Technology, und Tim Greve, Geschäftsführer MSP Medien Systempartner, einen praxisunterfütterten Einblick in die Einführung von Adpoint, einer Vertriebs- und Werbelösung für Verlage. Dabei griffen sie auf eigene Erfahrungen   bei der Ablösung von SAP IS-M/AM bei der Mediengruppe aus Essen zurück. Ihre wichtigsten Erkenntnisse: Der starke Wille zur konsequenten Vereinheitlichung der Prozesse war entscheidend. Und die größte Hürde war, überhaupt zu starten.

Die Vorträge und Diskussionen beim BDZV-Vermarktungsgipfel 2025 zeigten eindrucksvoll, dass innovative Strategien, datengetriebene Ansätze und kreative Partnerschaften sowie eine gehörige Portion Optimismus und Mut der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg in der sich wandelnden Medienlandschaft sind.