Tobias Schmidt und Leon Grupe

Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Bestes Lokales Stück 2024

Leon Grupe, 1994 in Hamburg geboren, wollte eigentlich berühmter Musiker werden. Als klar war, dass der große Erfolg ausbleiben würde, hat er den Traum vor fünf Jahren begraben. Auch wenn es nun keine Songtexte mehr waren: Er wollte weiterhin kreativ arbeiten und schreiben. Nach einem Abstecher in die PR-Branche folgte ein Volontariat in der Zentralredaktion der Funke-Mediengruppe. Seit Januar 2023 als Reporter im Hauptstadtbüro der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Schreibt inzwischen hauptsächlich über die Themen Flucht und Integration. Beruflich ist er angekommen – nach einigen Umwegen kann er das zweifellos behaupten.

Tobias Schmidt, Jahrgang 1974, ist quasi schon während des Studiums in den politischen Journalismus eingestiegen und verbrachte als Kreuzberg-Korrespondent der „Berliner Morgenpost” viel Zeit in der Bezirksverordnetenversammlung. Nach einem Volontariat bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zog es ihn ins Ausland: Aus Paris berichtete Schmidt für die Nachrichtenagentur AP und aus Brüssel für dapd über die Sarkozy- und „Merkozy“-Jahre, die Finanz- und Eurokrisen. AFP schickte ihn unter anderem nach Athen, um im Sommer 2015 über das griechische Schuldenreferendum zu berichten. Nach 13 Jahren bei Nachrichtenagenturen wechselte er 2015 ins bundespolitische Korrespondentenbüro Herzholz & Buchsteiner (unter anderem „Passauer Neue Presse”), von wo ihn drei Jahre später die NOZ für ihr Berliner Büro holte. Für die NOZ flog er mit dem Kanzler zum Persischen Golf, um Flüssiggas aufzutreiben, und mit der Deutschen Umwelthilfe nach Texas und Louisiana, um die dramatischen Folgen der deutschen LNG-Importe in Augenschein zu nehmen. Kanzleramt und Energiethemen gehören zu seinen Schwerpunkten.

privat Tobias Schmidt und Leon Grupe.

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?

Zu Beginn des Jahres 2023 sind wir bei der NOZ mit einem Schwerpunkt-Team “Energie” gestartet. Die Energiewende wird in Berlin ersonnen und beschlossen, und im Rest der Republik in die Tat umgesetzt. LNG-Terminals und Windkraftanlagen vor und an den Küsten gehören zu den gröbsten Eingriffen in sehr schöne Regionen, in denen viele Menschen leben, aber auch viele Menschen Natur erleben und sich von Urbanität erholen wollen. Wie geht es den “Betroffenen” eigentlich mit all dem, was Regierung und Bundestag beschließen? Die Frage trieb uns um. Es ging bewusst nicht um die Suche nach Protest und Widerstand, nicht um einen “Anti-Energiewende”-Text. Unser Anliegen war eine ergebnisoffene Spurensuche zum großen Widerspruch der Energiewende: Eingriffe in die Natur, um das Klima zu schützen (und so unsere Natur zu erhalten). Das Motiv dahinter: Durch Darstellung der Erfahrungen, Meinungen und auch Gefühle der Menschen vor Ort zum gegenseitigen Verständnis und Respekt beizutragen. Wer hat denn recht, ist es der um den unverstellten Meerblick trauernde Bürgermeister von Prerow? Oder der Landrat von Friesland, der sich über drehende Windräder freut?

Die Idee zu dem Projekt geht zurück auf einen Küstenspaziergang im Sommer 2021 mit dem Präsidenten des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager (aus Ostholstein), in dem es um die Kluft zwischen “denen da in Berlin” und den Menschen ging, die fern der Metropolen leben. Bundes- und Landespolitiker wurden bewusst außen vor gelassen. Die Recherche-Schritte im Einzelnen: Welche LNG-Terminals und Windparks stehen schon, welche werden in den kommenden Jahren errichtet? Dazu wurde eine Grafik angelegt. Identifikation der wichtigsten Energiewende-Hotspots an den Küsten. Kontaktaufnahme mit Landkreisen, Rathäusern, Energieunternehmen, Tourismus- und Kommunalverbänden, Umweltschützern - Vorgespräche und Identifikation von idealen Gesprächspartnern für Reisen.

Zwei Reisen: Tobias Schmidt entlang der Ostsee mit Stationen auf dem Darß, LNG-Terminal Ludmin, Binz und Sellin auf Rügen. Leon Grube an der Nordsee im Wangerland und bei der Hoegh Esperanza. Etliche Telefonate mit Ministerien, Landesbehörden und zuletzt erneut mit dem Präsidenten des Landkreistages, Sager. (Tobias Schmidt)

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?

Komplett unvoreingenommen zu bleiben, mit Blick auf das Fazit. Die authentischsten Ansprechpartner zu finden. Die bundespolitische Debatte so weit wie möglich auszublenden. (Tobias Schmidt)

Von wem und/oder wie wurden Sie dabei unterstützt?

Ganz klar von der Chefredaktion und unserem Teamleiter. Wir sind in der privilegierten Situation, dass unser Ressort nicht an das tagesaktuelle Geschehen gebunden ist. Daher haben wir grundsätzlich mehr Zeit für Texte. Dass wir für die nominierte Geschichte an unterschiedlichen Orten recherchieren konnten, ist allerdings auch nicht die Regel. Ohne den Support unserer Vorgesetzten wäre der Text zumindest nicht in dieser Ausführlichkeit entstanden. Ein großer Dank gilt auch den Blattmachern. Nicht nur haben sie eine Doppelseite für die Reportage freigeräumt, sondern das Stück mit zahlreichen Bildern und einer Grafik auch wunderbar visualisiert. (Leon Grupe)

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?

Neugierde, Präzision und keine Angst vor Experimenten. Ein unerschrockener, aber fairer Umgang mit Protagonisten. Geschichten, die einen nicht komplett gesättigt hinterlassen, sondern Raum für offene Fragen erlauben. (Leon Grupe)

Was braucht eine herausragende Reportage?

Sie muss etwas bislang Verborgenes ans Licht bringen. Wie ein Loch in einem Bretterzaun, durch das wir etwas sehen, was wir vorher nicht sehen konnten. Sie sollte einen doppelten Boden haben: Es reicht nicht, “nur” zu beschreiben, es braucht ein tiefergehendes Thema, eine zweite Bedeutungsebene (in unserem Text das Energiewende-Paradox). (Tobias Schmidt)

Was erwarten Sie von der Preisverleihung?

Wir freuen uns auf spannende und inspirierende Gespräche mit den großartigen Kolleginnen und Kollegen. (Leon Grupe)

Im Video: Tobias Schmidt und Leon Grupe Kategorie Bestes lokales Stück

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