Thilo Adam

Kurzbiographie des Nominierten in der Kategorie Thema des Jahres 2024

Thilo Adam, Jahrgang 1994, hat Jazzschlagzeug an der Musikhochschule Stuttgart studiert und anschließend Journalismus an der Henri-Nannen-Schule in Hamburg gelernt. Seitdem arbeitet er als Videoredakteur, zunächst beim Spiegel, jetzt bei ZEIT ONLINE.

Thilo Adam
privat

Im Interview

 Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag?

„Idee“ ist in diesem Fall ein zu großes Wort. Es ging eher um journalistische Basisarbeit in der Hektik einer Nachrichtenlage. Nach den ersten Meldungen über den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober lag ein Teil der deutschen Aufmerksamkeit sofort auf Neukölln. Auf Social Media behaupteten manche, in dem Berliner Stadtteil „Jubelfeiern“ gesehen zu haben. Tatsächlich hatten Einzelne auf der Sonnenallee Baklava verteilt, eine Geste der Freude. Wir wollten also gucken: Jubeln da wirklich Leute über Terror? Wenn ja: warum?

Wie haben Sie recherchiert?

Die Fotografin Anna Tiessen und ich sind am 8. Oktober, dem Sonntag, einfach losgeradelt. Vor dem Brandenburger Tor war eine große Solidaritätsdemonstration für Israel angekündigt. Die Polizei nahm an, dass es gleichzeitig in Neukölln zu unangemeldeten Versammlungen propalästinensischer Gruppen kommen würde. An beiden Orten haben wir mit zig Menschen gesprochen, um, so gut wir eben vermochten, die diffuse Stimmung aus Trauer, (unausgesprochenen) Vorwürfen, Hoffnungen, Ängsten und Wut angesichts der Nachrichten aus Israel abzubilden.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?

Den großen Knall, die eine zentrale Versammlung voller Aufregerszenen und -zitaten gab es nicht. Davon schienen manche unserer Protagonisten selbst verwundert bis enttäuscht. Was war also die Geschichte? Viele Gespräche waren zudem durchzogen von Misstrauen gegenüber (konventionellem, deutschem) Journalismus. Außerdem: Geschwindigkeit. Findet man nach vielen Stunden auf den Beinen und kaum Schlaf einen angemessenen Ton, der sich abhebt vom Schrillen und Pathetischen, zu dem die Debatte, gerade online, in diesen ersten Stunden und Tagen tendierte?

Von wem und/oder wie wurden Sie dabei unterstützt?

Von Maris Hubschmid, die es wagte, mich (einen langsamen Videoredakteur) als Textreporter fürs Schnelle einzuteilen. Von Fiona Weber-Steinhaus, die uns, während wir durch Neukölln irrten, bis in die Nacht hinein am Telefon zur Frage beriet: Reicht das schon für einen Text? Von Frida Thurm, die blitzschnell redigierte. Und nicht zuletzt von Fotografin Anna Tiessen: Zu zweit Gespräche – und die Geschichte – zu suchen, ist deutlich schöner als allein.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?

Klarheit, Differenzierung, Überraschung.

Was braucht ein herausragender Artikel?

Klarheit, Differenzierung, größere Überraschung.

Im Video: Thilo Adam Kategorie Thema des Jahres

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